Gruß an Alle, die hier lesen...
Habe während des „Winterschlafs“ Zeit gefunden, mich mit den Sensordaten der OBD- Schnittstelle zu befassen.
Rückblick: Die von mir erworbene Software von WGSoft.de (ScanMaster-ELM) hat ein kleines Feature zur numerischen Anzeige des Momentanverbrauchs an Treibstoff. Leider nicht korrekt in der Momentananzeige für einen Turbodieselmotor.
Die EOBD kam erst im Jahr 2003 mit erweiterten europäischen Richtlinien für Dieselfahrzeuge und im Jahr 2005 mit EOBD I und erneut 2008 mit EOBD II für Nutzfahrzeuge. Seither sind auf dem Markt der Software Programme erhältlich insbesondere zum Auslesen der OBD- Sensordaten (siehe hier: OBD II PID’s bei Wikipedia) und nicht nur für die Fehlerdiagnose- Daten.
Motivation: Die Fahrzeughersteller geben in der Tachoanzeige berechnete Verbrauchswerte an, die vermutlich auch mit bestmöglicher Genauigkeit berechnet werden. Die Formeln und die hierfür verwendeten Sensordaten sind ein gut gehütetes Geheimnis und lassen sich nicht mal so einfach googlen.
(Bem: Ich denke, nur Mitglieder (Fahrzeughersteller) einer mächtigen Lobby der SAE (Society of Automotive Engineering) erhalten gegen entsprechende Lizenzzahlungen Unterlagen mit Normschriften (dazu zählen auch spezifische Unterlagen der Fahrzeughersteller), die entsprechend detaillierte Auskünfte über die PID- Sensorik der Motorsteuerungen und der Prozessordatenverarbeitung enthalten. Hierzu zählen auch die fahrzeugspezifischen Kennlinienfelder der Motoren, die nur auf Motorprüfständen genaue Daten liefern, die wiederum in Tabellen abgelegt werden und auf die die ECU des Fahrzeugs zugreifen kann.)
Aber man kann sich mit der Sache mal beschäftigen und sehen, wie vergleichbar eigene Berechnungen sind, wenn man nur minimal viele Sensoren und deren Daten und einige gebräuchliche, allgemeingültige Konstanten zur Berechnung heranzieht.
Was mir an der Tachoanzeige nicht so gefällt ist, dass der numerische Wert unanschaulich mit z. B. 6.2 L/100km träge in der Anzeige bleibt und je länger man fährt und die Anzeige nicht auf „Null“ zurück setzt, je träger reagiert der Wert auf Änderungen des eigenen Fahrverhaltens oder der Streckenführung (Bergfahrt, Talfahrt,...).
Wenn ich mir überlege, dass ich an ca. 230 Tagen zur Arbeitsstelle hin und zurück 50 km auf gut ausgebauter Landstraße (keine Ortsdurchfahrt, 2 Ampeln, einigen Abbiegestopps, einige Beschleunigungsspuren...) fahre und nun durch Training meiner Fahrweise 1L/100km einsparen könnte, dann beträgt das Einsparpotential immerhin ca. 160 € für die Fahrten zur Arbeit pro Jahr.
Strategie: Wesentliche Voraussetzung für mich ist die Software von WGSoft, die eine umfangreiche Sensordatenerfassung und die tabellarische Ausgabe ermöglicht. Basierend auf einer Formel, die den Dieselverbrauch pro Wegabschnitt in guter Näherung liefert und im Weiteren einer grafischen Darstellung vorzugsweise mit Abbildung der Drehzahl und Geschwindigkeit soll im ersten Ansatz diese Darstellung diskutiert werden.
Durchführung: Bei einer gewählten Fahrstrecke in der Weihnachtspause mit etwas größerer Entfernung zwischen Supermarkt und Haus habe ich auf der Rückfahrt mit warmem Motor über ca. 17km Daten aufgezeichnet. Die Sensordaten umfassen neben der Systemzeit (VST), die Geschwindigkeit (VSS), die Drehzahl (RPM), den angesaugten Luftmassenfluss (MAF), den Luftdruck im Ansaugrohr (MAP), die eingehende Temperatur der Luft (IAT), den Kraftstoffdruck (MFP) und den aus verschiedenen Sensordaten von der ECU berechnetem Lastwert (CLV), der insbesondere für Dieselfahrzeuge seit einiger Zeit auch über die OBD- Schnittstelle ausgelesen werden kann.
Berechnung 1: Im Forum unter
http://www.mp3car.com (Stichwortsuche: real time fuel consumption monitoring) findet man einige Diskussionen über eine ursprünglich für Benziner verwendete Formel, die im Ansatz die Sensordaten MAF und VSS, die Konstante AFR (air to fuel ratio) für das Kraftstoff zu Luft Gemisch (1:14.7 bei Benzin od. 1:14.5 bei Diesel) und den Kraftstoffdichtewert FD (fuel density).
Des weiteren benötigt man Umrechnungsfaktoren je nach dem ob das Ergebnis als MPG (miles per gallon) oder als GPH (gallon per hour) betragen soll. In Europa (Canada) bevorzugt man L/100km oder auch L/h, was den Vorteil hat, dass auch für z. B. Traktoren mit Zapfwelle im Stand betrieben eine sinnvolle Verbrauchsangabe erhalten.
Da früher der MAF Sensor wohl bei vielen Fahrzeugen noch nicht eingebaut oder nicht als Sensorwert über OBD auszulesen war, gibt es auch eine erweiterte Berechnung im o. a. Forum, die einen pseudo Wert (IMAF) nutze, der über RPM, MAP und IAT berechnet wird und dann im zweiten Schritt den errechneten IMAF ergibt. In dieser Gleichung stehen dann noch 2 Konstanten, erstens die Molmasse der Luft (MM) und die Gaskonstante (R) und zweitens benötigt man den Hubraum- Wert des Moters (ED, engine displacement) sowie eine für das Fahrzeug individuelle Volumen- Eeffizienz- Anpassung kurz VE, die man als Skalierung im Bereich 0...1 wählen musste.
Bild 1 zeigt nun den Dieselverbrauch den ich aus dieser ersten Formel für meine Daten berechnen konnte. VE ist mit einem Wert von 0.35 eingesetzt. Die Kurve zeigt den berechneten, momentanen Verbrauch über eine Strecke von 17 km. Der Auslesezyklus (Wert zu Wert von insgesamt 9 Sensoren) betrug ca. 300 ms, was gleichermaßen für alle Rechnungen gilt. Die Kurve enthält keine gleitende Mittelung. Es findet jedoch eine Gewichtung über die zunehmend größere Summe der Wegabschnitte statt (numerisches Wegintegral) und zu jedem dieser Wegabschnitte findet eine Umskalierung des Verbrauchs letztlich auf 100 km statt. Die Startwerte auf dem ersten Streckenabschnitt fallen hier mit Werten über 30 L/100km deutlich zu hoch aus.
Berechnung 2: Um die Sache nun rechnerisch zu vereinfachen verwende ich im 2. Ansatz gleich die gemessenen MAF-Werte und die RPM und die Konstanten AFR und FD. Des Weiteren muss man beim Viertakter berücksichtigen, dass pro Kurbelwellenumdrehung 4 Gemischladungen erfolgen. Die Berechnung ist im Bild 2 gezeigt und verläuft fast identisch zu der Kurve in Bild 1. Alle anderen Bemerkungen wie zuvor.
Berechnung 3: Hier im 3. Ansatz werden die gemessenen Werte für MAF, CLV und das Zeitintervall Delta-t (Differenz zwischen den Messwerterfassungen) und die Konstanten AFR und FD. Die Berechnung ist im Bild 3 gezeigt. Im Unterschied zu den vorangestellten Berechnungen fallen die Startwerte schon deutlich geringer aus und liegen nach einem Kilometer Strecke etwa bei 8 L/100km. Insgesamt verlaufen mir aber die Werte zwischen 5 km bis 17 km etwas zu gering, da ich im Vergleich mit der ECU- Anzeige etwa bei 6.3 – 6.5 L/100km lag (Ende Dezember 2010).
Berechnung 4: Letztlich im 4. Ansatz habe mal eine Berechnung probiert, die über das Verhältnis von Kurbelwellenleistung und Diesel- Heizleistung auf die verbrauchte Dieselmasse führt. Die Verbrauchswerte basieren auf den Daten von VSS, dem Zeitintervall und Delta-t. Als Konstanten sind hier FD und der Heizwert H für Diesel eingesetzt. Für die Skalierung habe ich einen VE Wert von 0.7, den ich im Moment als so etwas wie einen Wirkungsgrad verstehe. Der Kurvenverlauf ist im Bild 4 gezeigt. Mit dieser Rechnung bin ich noch am ausprobieren, welche Messdaten eher Sinn machen. Interessant finde ich, dass hier im Verlauf der Kurve kurzeitiger Mehrverbrauch deutlicher hervortritt als in den anderen Kurven, was der Fahrstrecke und dem Fahrverhalten entspricht.
Als Beispiel wie unterschiedlich die Rechnung je nach verwendeten Datensätzen ausfällt die Kurve in Bild 5, bei der anstatt Delta-t jetzt RPM und CLV in die Rechnung eingehen. Hier sieht man die Verbrauchsspitzen deutlicher – vielleicht sogar überzeichnet.
Fazit: Um den momentanen Verbrauch besser darzustellen, kann man auf verschiedene Weise den Verbrauch über einer Fahrstrecke abbilden. Ziel ist es hierbei nicht genauer zu rechnen als es die ECU im Fahrzeug macht. Ich versuche anhand von Diagrammen eine Darstellung zu haben, um aufgrund verschiedener Fahrweisen auf ein und derselben Strecke (z. B. Weg zur/von der Arbeitsstelle) zu erkennen, ob man tatsächlich belegen kann, dass man sich eine Fahrweise angewöhnt, bei der man weniger Diesel verbracht. Das Diagramm dazu zeige ich in den letzten Abbildungen 6 und 7. Es handelt sich hierbei um Konturplots, die auf den x- und y- Achsen Geschwindigkeit und Drehzahl angeben. In diese Ebene ist der Verbrauch projektiert mit interpolierten Zwischenwerten. Die Farbzonen entsprechen einem konstanten Verbrauch, andere Farbe zeigt die nächste Verbrauchsstufe in ganzen Litern. Im Konturplot 6 sind die Ränder numerisch angezeigt.
Im Konturplot 7 sieht man zudem 6 Drehzahl-Geschwindigkeits-Geraden (aus einer der früheren Motorleistungs-/Drehmomentmessung errechnet) für den jeweiligen Gang mit unterschiedlicher Steigung. Entlang dieser Geraden sind nun die Verbrauchsbereiche von Interesse die durchlaufen werden.
Der Konturplot 7 zeigt, dass bei dieser Fahrt insbesondere das Beschleunigen in den kleinen Gängen (der 1. Gang wurde nicht benutzt) und an den oberen Schaltpunkten bei 3000 RPM Spitzenwerte auftreten.
In der nächsten Zeit möchte ich dann mehrere solcher Plots der gleichen Strecke vergleichen und z. B. die Schaltpunkte verschieden bei 2000/2500/2750 legen. Mal sehn...
Gruß UweH